„Sprachrohr der Kinder“
„Ombudschaft lebt von Vertrauensarbeit.“ Heike Stellwag und Nadine Schlüter wissen um die Bedeutung ihrer Aufgaben. Als Ombudsfrauen stehen sie den Kindern und Jugendlichen aus den Wohngruppen der Dialog gGmbH wie ein Anwalt zur Seite, ohne jedoch die Sichtweise der Mitarbeiter*innen zu vernachlässigen. „Wir möchten den Kindern ein Sprachrohr geben, ein mögliches Machtgefälle verhindern“, betonen sie. Dabei hilft auch ein Fragebogen, den die Ombudsfrauen zweimal pro Jahr verteilen. Anhand der Antworten können sie sich ein Bild davon machen, wie zufrieden die Kinder und Jugendlichen mit bestimmten Abläufen und Regelungen sind.
Bereits seit 2017 ist das Ombudssystem bei Dialog etabliert. Heike Stellwag und Nadine Schlüter sind beim Verein Charly’s Kinderparadies angestellt, nicht etwa bei der Dialog gGmbH oder beim Verbund Sozialer Dienste. „Das bedeutet auch, dass die Geschäftsführung uns nicht weisungsbefugt ist“, erklären sie, um Neutralität zu wahren.
In jeder Wohngruppe hängt ein Briefkasten, nur die Ombudsfrauen haben den passenden Schlüssel. Die Mädchen und Jungen können ihre Anliegen also schriftlich mitteilen. Die Ombudsfrauen sind aber auch einmal wöchentlich in jeder Wohngruppe zu Gast, mindestens eine Stunde lang. Da Heike Stellwag eine halbe Stelle hat, ist sie für drei Wohngruppen zuständig, die anderen werden von Nadine Schlüter abgedeckt. Dank der wöchentlichen Besuche haben sie einen guten, persönlichen Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen: „Wir klopfen dann an jede Tür und zeigen, dass wir da sind. Aber wir drängen uns nicht auf. Sie kommen freiwillig zu uns.“ Sowohl die Kinder als auch die Pädagog*innen wissen es zu schätzen, dass die Ombudsfrauen immer da sind – eben nicht nur in Krisen, sondern auch wenn alles gut läuft.
Das Ombudssysstem richtet sich in erster Linie an die Kinder und Jugendlichen. Nach einer Krise wird zum Beispiel analysiert, was passiert ist, ob sie sich in der Situation ungerecht behandelt gefühlt haben oder ob es vielleicht grenzüberschreitende Maßnahmen gegeben hat. Aber auch die Sichtweise der Mitarbeiter*innen wird berücksichtigt. Die Ombudsfrauen müssen der Geschäftsführung Vorfälle nennen, sobald es um das Thema Kinderschutz geht. Die Meldung einer Kindeswohlgefährdung beim Landesjugendamt obliegt aber vorrangig den Ombudsfrauen, nicht der Geschäftsführung des VSD beziehungsweise der Dialog gGmbH.
Auch wenn Heike Stellwag und Nadine Schlüter einer Schweigepflicht unterliegen, manche Sachverhalte müssen sie – im Beisein des Mädchens oder des Jungen – mit den Pädagog*innen besprechen. Trotzdem gelingt es ihnen, ein gutes Verhältnis zu den Kindern und Jugendlichen aufzubauen.
Ihre Arbeit geht natürlich über die Vertrauensarbeit hinaus. „Wir geben für die Mitarbeiter*innen zum Beispiel Fortbildungen zum Thema Melde- und Beschwerdemanagement oder zum Thema Sprache, sowohl in der Textform als auch im Alltagsgebrauch“, erzählt Heike Stellwag. „Da geht es dann darum, dass mit der Sprache und mit gewissen Ausdrücken auch Wertung und Wertschätzung transportiert werden.“ Darüber hinaus schreiben sie zurzeit individuelle Schutzkonzepte, angepasst an die Gegebenheiten in jeder einzelnen Wohngruppe. „Diese erarbeiten wir gemeinsam mit den Teams. Sie ergänzen das allgemeine Schutzkonzept“, erklärt Nadine Schlüter.
Der regelmäßige Austausch mit den Fachdiensten ist ebenfalls fester Bestandteil ihres Wochenkalenders. Hinzu kommt der interdisziplinäre Austausch, wenn es speziell um einzelne Kinder geht und die Fachbereichsleitung sowie die Bezugserzieherin bzw. der Bezugserzieher dabei sind. Die Ombudsfrauen werden oft zu Gruppenrunden eingeladen und begleiten manchmal auch die Hilfeplangespräche mit dem Jugendamt.
Ein Projekt der Ombudsfrauen ist das Kinder- und Jugendparlament, das im Mai 2023 zum ersten Mal getagt hatte. Aus jeder Wohngruppe ist eine gewählte Vertreterin bzw. ein gewählter Vertreter da. „Es ist toll, wenn sie sehen, dass sie etwas verändern können“, sagen die Ombudsfrauen. Eine Idee, die in dieser Runde entstanden ist, ist der Krisenbericht aus Sicht der Kinder. „Die Mitarbeiter*innen schreiben nach jeder Krise einen Bericht, warum also nicht auch die Kinder? Dieser Bericht gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu schildern“, sagt Heike Stellwag. Wichtig ist: Die Kinder dürfen diesen Bericht schreiben, es ist aber keine Verpflichtung. Bei der nächsten Sitzung soll der bisherige Entwurf besprochen werden. Außerdem werde dann darüber abgestimmt, ob der Bericht auch hochgeladen werden soll oder ob er für den Briefkasten der Ombudsfrauen bestimmt sein soll.
Ein weiterer Wunsch des Kinder- und Jugendparlaments war es, dass es einheitlichere Vorgaben für die Nutzung von Medien und Handynutzung innerhalb der Wohngruppen gibt. Eine Arbeitsgruppe für ein Medienkonzept ist entstanden. Hier wird u.a. ein sogenannter Handyführerschein erarbeitet, der allen Jugendlichen zugänglich gemacht werden soll.
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